Dr. Detlef Nachtigall

COPD und Begleiterkrankungen

Lesedauer ca. 6 Minuten 

Eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) kann mit einer weiteren oder sogar einer ganzen Reihe von Krankheiten einhergehen, zum Beispiel mit unterschiedlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.1 Hier finden Sie einen Überblick über die häufigsten Begleiterkrankungen der COPD.

Eine Frau mittleren Alters durchguckt ihr Handy.

COPD und Begleiterkrankungen

Eine Frau mittleren Alters durchguckt ihr Handy.

Lesedauer ca. 6 Minuten 

Eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) kann mit einer weiteren oder sogar einer ganzen Reihe von Krankheiten einhergehen, zum Beispiel mit unterschiedlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.1 Hier finden Sie einen Überblick über die häufigsten Begleiterkrankungen der COPD.

COPD als Systemerkrankung

COPD ist eine systemische Erkrankung. Das bedeutet, die ursprünglich von der Lunge ausgehende chronische Entzündung kann sich auf den ganzen Organismus auswirken, besonders auf Herz, Muskulatur und Stoffwechselorgane. Außerdem verursacht das Rauchen, der stärkste Risikofaktor für die Entstehung einer COPD, Schäden im Körper, die nicht allein unsere Lunge betreffen.1

Daraus können sogenannte Begleiterkrankungen entstehen. Es handelt sich dabei um eigenständige Krankheiten, bei denen aber ein Zusammenhang oder eine Wechselwirkung mit der COPD vermutet wird. Der Fachbegriff lautet Komorbiditäten.

In jedem Stadium der COPD können Begleiterkrankungen auftreten. Für Betroffene bedeutet das meist eine zusätzliche Belastung – körperlich wie seelisch. Denn diese Komorbiditäten können die Lebensqualität weiter einschränken und verschlechtern die Prognose. Häufig sterben Menschen mit COPD nicht an den Folgen der Erkrankung selbst, sondern an denen einer Begleiterkrankung, beispielsweise an einer Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems oder Lungenkrebs.1,2

Warum kommt es zu Begleiterkrankungen?

Die genauen Gründe, warum bei COPD-Patient*innen weitere Erkrankungen auftreten können, sind bislang noch nicht abschließend geklärt. Auf diesem Gebiet wird fortlaufend intensiv geforscht. Es gibt aber Hinweise auf bestimmte Faktoren, die das Risiko von Komorbiditäten erhöhen können, zum Beispiel jahrelanges Rauchen.

Darüber hinaus ist bei COPD-Patient*innen die Sauerstoffaufnahme gestört. Sauerstoff benötigen wir für sämtliche Stoffwechselprozesse im Körper. Wir nehmen Sauerstoff beim Einatmen mit der Atemluft auf; in der Lunge über die Lungenbläschen gelangt er anschließend ins Blut. Bei den Stoffwechselprozessen verbrennen unsere Zellen Nahrungsbestandteile, um daraus Energie zu gewinnen, und benötigen für diesen Prozess Sauerstoff. Als Abfallprodukt entsteht dabei Kohlendioxid (CO2), welches wir über die Atemluft ausatmen. Beide Prozesse sind lebensnotwendig, laufen bei COPD-Patient*innen unter anderem durch die Verengung der unteren Atemwege aber nicht reibungslos ab2:

Verengung der unteren Atemwege durch die COPD

Abb. eigene Darstellung

▸ Weitere mögliche Faktoren

Begleiterkrankungen können in Folge des fortschreitenden Alters auftreten. Hinzu kommen individuelle Faktoren, die ihre Entstehung begünstigen können. Zu ihnen zählen zum Beispiel körperliche Inaktivität, eine ungesunde Ernährung sowie Übergewicht oder die Einnahme bestimmter Medikamente.

Die Faktoren können sich auch gegenseitig beeinflussen. Wenn Sie zum Beispiel unter Luftnot leiden und dadurch weniger belastbar sind, werden Sie sich möglicherweise im Alltag weniger bewegen. Der Bewegungsmangel begünstigt unter anderem Übergewicht und somit auch das Risiko für einige Folgeerkrankungen.

Häufige Begleiterkrankungen einer COPD

Im Folgenden finden Sie einen Überblick über Begleiterkrankungen, die häufig bei COPD-Patient*innen festgestellt werden.

▸ Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die häufigsten Begleiterkrankungen bei COPD-Patient*innen betreffen das Herz-Kreislauf-System. Das liegt unter anderem daran, dass Herz und Lunge über den sogenannten kleinen Blutkreislauf, auch Lungenkreislauf genannt, miteinander verbunden sind. Ist die Lunge durch die COPD geschädigt, wirkt sich das auch auf die Herzgesundheit aus. Unter anderem kann das folgende Erkrankungen zur Folge haben:1,2

  • Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie)1,2
  • Herzschwäche (Herzinsuffizienz)1,2
  • Koronare Herzkrankheit (KHK)1,2

▸ Stoffwechsel­erkrankungen

Bei Menschen mit COPD können auch Erkrankungen auftreten, die den Stoffwechsel (Metabolismus) betreffen. Dazu gehören zum Beispiel2:

  • Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
  • Störungen des Fettstoffwechsels
  • starkes Übergewicht, auch als Fettsucht oder Fettleibigkeit bezeichnet (Adipositas)

Diese Erkrankungen können im weiteren Verlauf unter anderem die Blutgefäße schädigen und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigern.1,2

▸ Psychische Erkrankungen

Die COPD kann nicht nur eine körperliche, sondern auch eine enorme psychische Belastung darstellen. Atemnot und die abnehmende Belastbarkeit erschweren die Teilnahme an Alltagsaktivitäten. Das kann dazu führen, dass sich Betroffene zunehmend sozial isolieren. Ängste und Depressionen können die Lebensqualität der COPD-Patient*innen zusätzlich einschränken. Frauen sind davon deutlich häufiger betroffen als Männer.1,2

▸ Osteoporose

Beim sogenannten Knochenschwund verlieren die Knochen an Substanz. Ihre Stabilität nimmt ab und in der Folge können sie leichter brechen. Bereits leichte Stürze können dann zu Knochenbrüchen führen. Dass die Dichte der Knochen im Alter abnimmt, ist normal. Sie baut sich in jungen Jahren auf und nimmt etwa ab dem 30. Lebensjahr langsam ab. Bei Menschen mit Osteoporose verläuft dieser Abbau aber stärker als bei anderen. Bewegungsmangel, beispielsweise aufgrund zunehmender Atemnot, aber auch andere Erkrankungen können zum verstärkten Knochenabbau führen.

Obwohl alle Geschlechter betroffen sein können, wird Osteoporose vor allem bei Frauen mit COPD festgestellt. In der Regel verläuft der Knochenabbau bei Frauen etwa ab dem 50. Lebensjahr schneller, wenn im Rahmen der Wechseljahre der Spiegel des Hormons Östrogen sinkt. Das weibliche Geschlechtshormon bremst den Knochenabbau. Diese Funktion fällt aber nach den Wechseljahren weg und der Knochenabbau schreitet schneller voran.1,2

▸ Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSA)

Der Begriff Schlafapnoe leitet sich ab vom altgriechischen Wort „Apnoia“ und bedeutet übersetzt „Atemstillstand im Schlaf“. Betroffene können stark schnarchen und haben während des Schlafs oft unbemerkte Atemaussetzer. Bei einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSA) erschlafft die Muskulatur in den oberen Atemwegen. Dadurch werden diese so stark verengt, dass die Atmung deutlich erschwert ist und sogar vollständig aussetzen kann. Schlafapnoe ist oft mit einem hohen Leidensdruck verbunden, da die Aussetzer den Schlaf erheblich stören. Von nächtlicher Erholung ist dann keine Spur, was Müdigkeit am Tag und Konzentrationsstörungen zur Folge haben kann. Wenn COPD und das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom zusammen auftreten, spricht man von einem Overlap-Syndrom. Festgestellt wird das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom im Schlaflabor.1,2

▸ Infekte der Atemwegsorgane

Menschen mit COPD erkranken leichter an Atemwegsinfekten als Personen, die nicht von der Krankheit betroffen sind . Außerdem dauern die Infekte oft länger. Eine Erkältung (grippaler Infekt) ist bei Gesunden üblicherweise nach 10 bis 14 Tagen ausgestanden. Bei COPD-Patient*innen hingegen kann sie sich über mehrere Wochen hinziehen.2

▸ Verlust von Muskelmasse und starke Abmagerung

Bei einigen Patient*innen mit COPD kommt es nicht zu starkem Übergewicht, sondern sie magern im Gegenteil stark ab. Daraus ergibt sich häufig ein hoher Verlust an Muskelmasse. Medizinisch bezeichnet man diese krankhafte Abmagerung als Kachexie. Ein Grund für den Gewichtsverlust ist ein erhöhter Energiebedarf. Durch die stärkere Belastung von Herz und Lunge aufgrund der COPD ist der Energiebedarf bis zu zehnmal höher als bei Nicht-Betroffenen.1,2

▸ Lungenkrebs

Rauchen und Passivrauchen kann nicht nur das Risiko für die Entstehung einer COPD erhöhen. Beides sind auch Risikofaktoren bei der Entstehung von Lungenkrebs. 50 bis 70 Prozent der Menschen, bei denen Lungenkrebs festgestellt wird, haben bereits eine COPD.1,2

Welche Behandlungs­möglichkeiten gibt es?

Bislang werden die Begleiterkrankungen der COPD als eigenständige Erkrankungen behandelt. Das ist ebenso wichtig wie die optimale ganzheitliche Therapie der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Denn so wie die parallel auftretenden Erkrankungen Betroffene gleich mehrfach schwächen können, kann die gleichzeitige Therapie den Gesundheitszustand insgesamt verbessern. So kann zum Beispiel eine gut eingestellte medikamentöse COPD-Therapie die Entwicklung einer Herzschwäche verlangsamen.2

Gleiches gilt für einen gesunden Lebensstil, Sport und ausreichend Bewegung im Alltag. Das ist nicht nur wichtiger Bestandteil der COPD-Therapie. Es ist auch gut für die Herzgesundheit und kann dabei helfen, Übergewicht ab- sowie Muskelmasse aufzubauen.

Das können Sie selbst tun

Um Begleiterkrankungen der COPD vorzubeugen und ihnen entgegenzuwirken, können Sie Ihren Lebensstil so gestalten, dass möglichst wenige Risikofaktoren vorliegen. Dazu gehören zum Beispiel folgende Maßnahmen:

Hören Sie auf zu rauchen – am besten sofort und vollständig. Unterstützung beim Rauchstopp erhalten Sie beispielsweise in Selbsthilfegruppen oder von Ihrem medizinischen Fachpersonal.

Bewegen Sie sich: In Absprache mit Ihrem ärztlichen Fachpersonal können Sie unter Berücksichtigung Ihrer individuellen Leistungsfähigkeit Wege finden, so viel Bewegung wie möglich in Ihren Alltag zu bringen. Möglich ist dies beispielsweise auch durch Apps wie die Kaia COPD App. Sie bietet Ihnen unter anderem Sportübungen, die individuell auf die Bedürfnisse von COPD-Patient*innen zugeschnitten sind.

Ernähren Sie sich ausgewogen: Eine professionelle Ernährungsberatung kann Sie dabei unterstützen. Fragen Sie Ihr ärztliches Fachpersonal.

Therapietreue: Halten Sie sich an die Behandlungsempfehlungen Ihres ärztlichen Fachpersonals. Wenn Sie unsicher sind, scheuen Sie sich nicht, Fragen zu stellen.

Ärztliches Fachpersonal informieren: Es ist wichtig, dass Sie Ihr ärztliches Fachpersonal so schnell wie möglich informieren, wenn Sie neue Symptome oder eine Verschlechterung Ihres Gesundheitszustands bemerken.

ZUSAMMENFASSUNG

COPD ist eine systemische Erkrankung, die nicht nur die Lunge betrifft, sich vielmehr auf den ganzen Organismus auswirken kann. Daraus können weitere Erkrankungen entstehen, sogenannte Begleiterkrankungen (Komorbiditäten). Sie können in jedem Stadium der COPD auftreten und dazu führen, dass sich der allgemeine Gesundheitszustand der Betroffenen verschlechtert. Zu den häufigsten Komorbiditäten einer COPD gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen.1,2

Es ist wichtig, dass neben der Grunderkrankung COPD auch die Begleiterkrankungen behandelt werden.

Durch bestimmte Maßnahmen wie Rauchstopp, Bewegungstraining (eventuell unterstützt durch digitale Gesundheitsanwendungen und angepasst an Ihre individuelle Leistungsfähigkeit) und eine ausgewogene Ernährung können Sie als COPD-Patient*in Ihren Lebensstil so gestalten, dass möglichst wenige Risikofaktoren für Begleiterkrankungen vorhanden sind.

1 Verband Pneumologischer Kliniken e.V. (VPK), Begleiterkrankungen bei COPD, in: Lungenaerzte-im-netz.de, 27.07.2018, https://www.lungenaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/begleiterkrankungen-bei-copd/, abgerufen am 10.03.2023

2 COPD – Deutschland e.V. und Lungenemphysem-COPD Deutschland: Broschüre COPD und mögliche Begleiterkrankungen, 01.2019, https://www.copd-deutschland.de/images/patientenratgeber/patientenbroschueren/begleiterkrankungen.pdf, abgerufen am 10.03.2022